Wir brauchen Vertrauen. Überall und ständig.
Ohne Vertrauen können wir in kein Flugzeug und in keinen Aufzug steigen.
Über keine Brücke gehen und kein Restaurant besuchen.
Jeder von uns braucht täglich eine riesige Portion Vertrauen.
Vertrauenswürdig vs. vertrauensfähig
Es lohnt sich, einen näheren Blick auf das Thema Vertrauen zu werfen. Und die eigene Haltung dazu zu hinterfragen:
Sind wir der Meinung, dass wir unseren Mitmenschen und Kollegen, grundsätzlich vertrauen können?
Oder leben wir in der ständigen Furcht, hintergangen und betrogen zu werden?
Was wir dabei gerne übersehen:
Es geht nicht nur darum, ob und wie sehr wir den anderen vertrauen können.
Sondern auch darum, ob wir selber dazu in der Lage sind, anderen zu vertrauen.
Viele Menschen reden gerne darüber, ob "die anderen" vertrauenswürdig sind.
Dabei geht es beim Thema Vertrauen immer um zwei Aspekte:
Nicht nur um die Frage:
- Ist mein Gegenüber vertrauenswürdig?
Sondern auch - und insbesondere - um die eigene Vertrauensfähigkeit:
- Bin ich selber vertrauensfähig?
Leider vergessen wir die zweite Frage allzu leicht :-)
Dabei ist Vertrauensfähigkeit unerlässlich, damit wir überhaupt vertrauensvolle Beziehungen aufbauen können.
Der präfrontale Kortex – das emotionale Zentrum des Vertrauens
"Der präfrontale Kortex (vmPFC) gilt als Hirnregion, die mit der Bewertung und dem Ausdruck von Vertrauen und sozialer Bindung verbunden ist. Personen mit einem größeren Graumachen-Volumen in diesem Bereich neigen dazu, anderen eher zu vertrauen, während Schäden an dieser Region dazu führen können, dass Vertrauen gestört wird und zu einer insgesamt skeptischen Haltung führen."
(https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S1053811914009902?via%3Dihub)
Einfacher gesagt:
Es ist in unserer Hirnstruktur angelegt, dass wir einander grundsätzlich vertrauen wollen.
Vertrauen gehört damit zu den urmenschlichen Eigenschaften.
Vertrauensfähigkeit proaktiv ausbauen
Es ist faszinierend zu sehen, welche Rolle unser Gehirn in vertrauensvollen Beziehungen spielt.
Aber am Ende des Tages kommt es darauf an, wie wir diese Erkenntnisse nutzen, um einander besser zu verstehen und zu unterstützen.
Einerseits kann es helfen, wenn wir wissen, dass unser Vertrauens- und Bindungsverhalten in unserer Kindheit geprägt wurde.
Allerdings kann diese frühe Prägung ja aber auch nicht immer "für alles herhalten".
Denn als erwachsene Menschen haben wir jeden Tag die Gelegenheit, bereits gemachte Erfahrungen neu zu überschreiben.
Also können wir auch unsere Vertrauensfähigkeit jeden Tag proaktiv ausbauen.
Und das können wir - klingt wild! - am besten dann tun, wenn unser Vertrauen enttäuscht wurde.
Das ist wie bei einer Wunde: Ist die Verletzung abgeheilt, ist die Narbe viel stabiler als die Haut drumrum.
Vertrauen wird unweigerlich immer wieder enttäuscht
Im Arbeitsleben (und nicht nur dort) ist es unvermeidbar, dass unser Vertrauen immer wieder erschüttert wird.
- "Du hattest mir doch zugesagt, dass du die Arbeit bis heute erledigst! Und jetzt ist sie noch nicht mal zur Hälfte fertig!"
- "Ich hatte darauf vertraut, dass ich bei der nächsten Beförderungsrunde dabei bin. Und jetzt hat meine Chefin mich einfach übergangen!"
Manchmal fühlen wir uns übergangen. Das ist schon schlimm.
Manchmal fühlen wir uns regelrecht betrogen. Das ist noch schlimmer!
Und: Beides tut so richtig weh!
In diesem Momenten neigt unser Gehirn zu "Kurzschlüssen"
- "Das hat der doch nur gemacht, um mir zu schaden! Wahrscheinlich wollte er es mir heimzahlen..."
- "Ich habe es geahnt, die kann mich einfach nicht leiden, und deswegen..."
Lassen wir uns darauf ein, vergiften diese Kurzschlüsse unser Arbeitsklima.
Und bereiten uns schlaflose Nächte.
Was also sollten wir stattdessen tun, wenn wir uns verletzt fühlen, weil andere ihre Zusagen nicht einhalten oder sich (anscheinend) nicht an Verabredungen halten?
Die gute Nachricht: Wir können beschädigtes Vertrauen wieder reparieren
Genau in diesem Moment ist es wichtig, es dabei nicht zu belassen.
Sich weder in sein Schneckenhaus zurück zu ziehen und die Wunden zu lecken.
Oder vor lauter Enttäuschung loszubrüllen.
Das hilft nämlich keinem weiter.
Was wir stattdessen tun können?
Sobald der akute Schmerz sich gelegt hat, hilft dieser Weg:
- die Situation, die zu dem Vertrauensbruch geführt hat, präzise rekapitulieren
- die eigene (aufgewühlten) Emotionen erkennen & benennen
- Unterstützung suchen: Jemanden finden, der neutral und unvoreingenommen zuhört
- Blickwinkel des streitbaren Gegenübers einnehmen - und versuchen, zu verstehen
- die eigenen (verletzten oder wütenden) Annahmen hinterfragen, anstatt sie selber für bare Münze zu nehmen
Das ist der lange Weg - aber der lohnt sich!
Wie wir alles zum Besseren wenden: Indem wir eigene Verantwortung übernehmen!
Wir haben immer eine Wahl.
Wir können jammern - über die anderen, die ja offensichtlich unzuverlässig sind, die uns hintergangen oder betrogen haben.
Oder wir können - jetzt, hier, an diesem Punkt! - eigene Verantwortung übernehmen und uns fragen, inwiefern unser eigenes Verhalten zu der Situation beigetragen hat:
- ob wir uns unklar ausgedrückt - und damit Raum für Missverständnisse gelassen haben?
- ob wir unsere eigenen Erwartungen klar genug formuliert haben?
- ob wir die Erwartungen (Wünsche, Bedenken, Einwände) unseres Gegenübers nicht nur gehört, sondern auch gemeinsam bearbeitet haben?
- Oder ob wir einfach nur gehofft haben, dass alles schon irgendwie klappt - uns aber nicht wirklich darum gekümmert haben?
Indem wir unseren eigenen Anteil erkennen, der zum Scheitern der Situation beigetragen hat, erkennen wir gleichzeitig unser Gestaltungspotenzial.
So können wir neue Wege für die Zukunft finden - und konkrete Handlungsmuster "für`s nächste Mal" daraus ableiten.
Wir wollen uns als Team stärker vertrauen
Jetzt heißt es: Sich versöhnen - und loslassen!
Reden hilft! das wussten schon die alten Griechen.
Es führt in der Tat kein Weg daran vorbei, noch einmal das Gespräch zu suchen. Zumal andere Menschen die gleiche Situation völlig anders erleben als wir selbst.
Häufig stellen wir verwundert fest: Nicht nur ich selber bin verletzt worden - auch der andere hat einen Schmerz erlebt (nur vielleicht nicht den gleichen).
Glücklich, wer jetzt sich selbst ebenso wie seinem Gegenüber verzeihen kann. Wer anerkennt, was gewesen ist - und bereit ist, daraus zu lernen. Im besten Falle wachsen wir dadurch über uns selbst hinaus.
In jedem Fall sind wir hinterher um eine wertvolle Erfahrung reicher.
Und wie jeder gütlich durchstandene Konflikt gibt uns auch dieser: Neue Energie.
Fazit:
Es lohnt sich also massiv, an der eigenen Vertrauensfähigkeit zu arbeiten.
Sich von Rückschlägen nicht einschüchtern zu lassen.
Täglich an vertrauensvollen (Arbeits-)Beziehungen zu bauen.
Am Ende des Tages ist es das das gegenseitige Vertrauen, das Teams stark macht und zusammenhält.
Insofern ist Vertrauen DER Schlüssel für eine gelingende Arbeitswelt, ob hybrid oder nicht.
Wir wollen uns als Team stärker vertrauen