Über die Kraft von Versuch & Irrtum – und was Organisationen daran hindert, genau das zu tun.
In vielen Unternehmen wird Projektarbeit immer noch so gedacht, als könnte man erst alles durchplanen – und dann umsetzen. Erst eine klare Diagnose. Dann eine Strategie. Dann ein Maßnahmenkatalog. Und erst, wenn wirklich alles geklärt ist, geht's los.
Klingt sauber. Ist in der Realität aber oft genau der falsche Weg.
Gerade in komplexen Veränderungsvorhaben zeigt sich: Der perfekte Plan existiert nicht. Und: Man kann auch nicht alles vorhersehen.
Auch bleibt eigentlich nur ein Weg – losgehen. Lernen. Und dann nachjustieren.
Warum wir trotzdem so sehr auf Planung fixiert sind
In Gesprächen mit Führungskräften erlebe ich oft: Sie wollen ja loslegen – aber sie dürfen nicht. „Wir brauchen erst ein tragfähiges Konzept.“ Oder: „Die Geschäftsleitung wird vorher alle Risiken geklärt haben.“ Oder auch: „Wir müssen das nochmal in der Steuerungsgruppe besprechen.“
Verständlich, oder?
- Keiner wird Ressourcen verschwenden.
- Keiner wird Gesichtsverlust riskieren.
- Keiner wird sich angreifbar machen.
Aber was ist das Ergebnis dieser Haltung?
Monate der Konzeptarbeit, ohne dass sich wirklich etwas bewegt. Und irgendwann kippt das Projekt, weil die Leute nicht mehr daran glauben – oder weil die Realität mittlerweile eine ganz andere ist.
Was stattdessen hilft: Erste Ideen einfach ausprobieren
In vielen Projekten, die ich begleite, schlagen wir deshalb einen anderen Weg ein: Wir schalten die Suchscheinwerfer ein und starten im Nebel.
Nicht planlos – aber bewusst unvollständig.
Wir probieren Dinge aus. Testen Sie Formate. Spielen Varianten durch.
Nicht, weil wir unprofessionell sind – sondern weil wir wissen, dass viele Erkenntnisse erst durch das Tun entstehen.
Was das konkret heißt:
- Wir führen neue Prozesse testweise in einzelnen Teams ein – ohne gleich das ganze Unternehmen umzubauen.
- Wir entwickeln neue Führungsprinzipien in kleinen Schleifen – statt sie einmalig „von oben“ zu verordnen.
- Wir schauen, was funktioniert – und was nicht. Und dann gehen wir weiter.
Warum diese Experimente wirken – auch wenn sie nicht „perfekt“ sind
Solche Experimente haben einen entscheidenden Vorteil: Sie schaffen echten Lernraum.
Und sie senken die psychologische Fallhöhe – denn nichts ist „endgültig“.
Außerdem senden wir wichtige Signale an die Organisation:
- Wir trauen uns etwas zu, obwohl wir noch nicht alles wissen.
- Wir nehmen uns selbst nicht zu wichtig – aber das Thema schon.
- Wir hören zu, was aus der Praxis zurückkommt.
Gleichzeitig erleben die Betroffenen drei Dinge:
1. Es fühlt sich sicherer an, mit Schritten zu arbeiten, anstatt direkt alles auf einmal verändern zu müssen.
2. Der Widerstand nimmt ab, weil Veränderung als gestaltbar erlebt wird – nicht als etwas, das „passiert“.
3. Die Motivation steigt, weil man Fortschritte macht – statt nur PowerPoint-Folien zu wälzen.
Die häufigsten Blockaden – und wie wir sie überwinden
Natürlich ist dieser Weg nicht für jede Organisation sofort gangbar.
Es gibt strukturelle und kulturelle Hürden:
- „Das ist bei uns nicht möglich, wir brauchen erst ein „Go!“ von ganz oben.“
- „Was passiert, wenn das Projekt scheitert und wir blöd dastehen?“
- „Unsere Mitarbeitenden erwarten klare Ansagen, keine Experimente.“
Kennst du solche Aussagen? Dann frag dich mal:
Was steckt wirklich dahinter?
Angst vor Kontrollverlust? Eine starke Fehlervermeidungskultur?
Oder einfach die Hoffnung, dass Planbarkeit Sicherheit bringt?
Führung heißt in solchen Momenten:
- Spannungen aushalten, statt sie glattzubügeln.
- Bewegung erzeugen, bevor alles klar ist.
- Andere mitnehmen – auch wenn man selbst noch nicht alle Antworten kennt.
Fazit: Wer lernen will, muss sich trauen, nicht alles zu wissen
Viele Organisationen behandeln Projekte wie Schachspiele: Jede Figur muss perfekt stehen, jeder Zug genau kalkuliert sein.
Aber Transformation funktioniert eben oft so: Du weißt nicht, was kommt – aber du kannst darauf reagieren.
Die besten Projektmomente, die ich erlebt habe, sind nicht in Excel-Sheets entstanden .
Sondern dort, wo Menschen den Mut hatten, ins Ungewisse zu gehen. Etwas zu tun, bevor alles klar war. Und dadurch – ganz nebenbei – echte Veränderung ausgelöst haben.
Was wäre dein nächster mutiger Mini-Schritt – auch ohne Garantie auf Erfolg?