In Zeiten rasanter Veränderungen stehen Unternehmen vor großen Herausforderungen. Prozesse werden automatisiert, neue Technologien eingeführt, Strukturen angepasst. Dabei sollten Unternehmen nicht die wichtigsten Protagonisten vergessen: Die Menschen, die diese Veränderungen tragen sollen.
Wenn Mitarbeitende z.B. das Gefühl haben, dass ihre bisherige Arbeit durch neue, digitale Prozesse entwertet wird, leidet ihr Wohlbefinden. Dabei geht es nicht um Gehalt, Dienstwagen oder andere materielle Statussymbole.
Viel entscheidender ist der sogenannte soziometrische Status – das Ansehen, der Respekt und die Anerkennung im täglichen sozialen Umfeld.
Wissenschaftlich belegt: Wertschätzung macht zufriedener als Wohlstand
Eine Studie von Cameron Anderson, Professor an der Haas School of Business, zeigt: Nicht Wohlstand bestimmt unser Glück, sondern unser Ansehen in der Gemeinschaft. Anderson analysierte in mehreren Langzeitstudien, wie sozioökonomischer und soziometrischer Status das individuelle Wohlbefinden beeinflussen. Sein Fazit: Respekt und Anerkennung haben einen größeren Einfluss auf unser Glück als Geld oder Statussymbole.
Dieses Wissen ist entscheidend für Unternehmen:
Wenn Mitarbeitende das Gefühl haben, wenig wertgeschätzt zu werden – sei es durch strukturelle Umbrüche oder mangelnde Einbindung in Entscheidungsprozesse – führt das zu Frustration und Widerstand.
Unfaire Behandlung hinterlässt Spuren im Gehirn
Unser Gehirn reagiert empfindlich auf Ungerechtigkeit. Experimente mit funktioneller Magnetresonanztomografie zeigen: Wer sich unfair behandelt fühlt, aktiviert dieselben Hirnareale wie bei Ekel oder Wut.
Das bedeutet: Ungleichbehandlung und mangelnde Wertschätzung führen zu negativen Emotionen, die sich langfristig auf Motivation, Engagement und Produktivität auswirken.
Führungskräfte sollten sich daher bewusst machen: Die emotionale Sicherheit der Mitarbeitenden spielt eine entscheidende Rolle im Wertschöpfungsprozess!
Nur wenn sich Menschen gesehen und ernst genommen fühlen, können sie Belastungen und Veränderungen mittragen.
Wie Unternehmen Wertschätzung konkret umsetzen können
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Zuhören und Sorgen ernst nehmen: Unternehmen, die Mitarbeitenden eine Stimme geben und sie aktiv in den Wandel einbinden, haben eine höhere Akzeptanzrate für Transformationen. Ein Beispiel ist die Buchhandelskette Hugendubel, die ihre Mitarbeitenden von Anfang an in die Einführung des eReaders „tolino“ eingebunden hat – mit regelmäßigem Austausch und Schulungen.
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Faire Behandlung sicherstellen: Gerechtigkeit in der Verteilung von Aufmerksamkeit, Ressourcen und Entwicklungsmöglichkeiten ist essenziell. Neue digitale Teams dürfen nicht gegen bestehende Mitarbeitende ausgespielt werden.
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Lob und Anerkennung strategisch einsetzen: Die Forschung von Carol Dweck zeigt, dass Lob auf Verhaltensebene nachhaltiger wirkt als Lob für vermeintliche Talente. Wer Mitarbeitende für ihre Bemühungen und Herangehensweise lobt („Du hast eine gute Lösung gefunden“ statt „Du bist so talentiert“), fördert langfristig Motivation und Wachstum.
- Glaubwürdigkeit bewahren: Anerkennung darf nicht als bloßes Mittel zur Leistungssteigerung gesehen werden. Mitarbeitende merken sofort, wenn Wertschätzung nur vorgeschoben ist. Die Führung muss authentisch sein – Worte und Taten müssen übereinstimmen.
- Feedback-Kultur auf allen Ebenen etablieren: Wertschätzung sollte nicht nur von Führungskräften kommen, sondern in der gesamten Organisation verankert sein. Wenn sich auch Kolleginnen und Kollegen gegenseitig Anerkennung aussprechen, stärkt das den Zusammenhalt und die Zusammenarbeit. Eine positive Feedback-Kultur erhöht zudem das Engagement und sorgt für eine offene, wertschätzende Unternehmenskultur. Teams, in denen konstruktives Feedback selbstverständlich ist, arbeiten effizienter und innovativer, weil sie sich gegenseitig unterstützen und gemeinsam wachsen.
Wertschätzung schützt die psychische Gesundheit
Würdigung ist nicht nur für die Performance entscheidend, sondern auch für die Gesundheit der Mitarbeitenden.
Eine Langzeitstudie des Stress Research Institute der Universität Stockholm zeigte: Mitarbeitende, die von ihren Vorgesetzten Wertschätzung erfahren, haben ein deutlich geringeres Risiko für Herzinfarkte.
Das bedeutet, dass gute Führung nicht nur den Unternehmenserfolg steigert, sondern auch ein echter Gesundheitsfaktor ist.
Fazit: Wertschätzung ist kein „Nice-to-have“, sondern essenziell
Unternehmen, die in der digitalen Transformation auf Wertschätzung setzen, profitieren vielfach:
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Mitarbeitende sind motivierter und engagierter
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Die Produktivität steigt nachhaltig
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Fluktuation und Fehlzeiten sinken
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Das Unternehmen wird als Arbeitgeber wesentlich attraktiver
Wertschätzung ist keine "nette Nebensache".
Wertschätzung ist ein ganz entscheidende Faktor für die Wertschöpfung.
Die wichtigste Frage für jede Führungskraft lautet daher:
Wie erlebst du Wertschätzung in deinem Unternehmen – und was kannst du tun, um sie zu stärken?