Neulich rief mich ein Kunde mit empörter Stimme an und wetterte: "Wir haben Vereinbarungen für die hybride Zusammenarbeit! Aber keiner hält sich daran!"
"Wie sind Sie denn auf diese Vereinbarungen gekommen?" wollte ich wissen.
"Ein paar von uns haben sich hingesetzt und die ausgearbeitet."
"War jeweils das ganze Team daran beteiligt? Und wer hat das moderiert?" fragte ich nach.
Den Teamkodex machen die Teams!
Wie sich herausstellte, waren längst nicht alle Teammitglieder dabei. Und moderiert hat: Der Chef persönlich.
Klar, dass das schiefgehen musste. In einem solchen Setting ist es fast unmöglich, gemeinsam getragene Vereinbarungen zu treffen.
Warum? Weil sich Mitarbeitende unter "Chefmoderation" schnell zurücklehnen und denken: "Ist doch klar, worauf das hinausläuft." Deswegen stehen sie danach auch kein Stück hinter den vermeintlich gemeinsam getroffenen Vereinbarungen.
Außerdem müssen an einem solchen Prozess alle beteiligt werden, die es betrifft. Wirklich: Alle!
So haben wir Spielregeln für die hybride Zusammenarbeit gefunden
Wenige Wochen später habe ich mit den Teams das nachgeholt, was zuvor "versemmelt" wurde. Habe im Workshop-Format die jeweiligen Teams dazu gebracht, gemeinsame Antworten für die wichtigsten Fragen der verteilten Zusammenarbeit zu finden.
- Von Antwortzeit und Erreichbarkeit
- bis Zusammenhalt und Zugehörigkeit
Die Fragen, die im Laufe des Prozesses beantwortet werden, sind für alle Teams die selben. Die Antworten sind es keineswegs.
Das ist volle Absicht.
Denn unterschiedliche Team erfüllen unterschiedliche Funktionen innerhalb des Unternehmens. Arbeitsprozessen unterscheiden sich ebenso wie der Kontext, in dem die Leistungen erbracht werden. Es macht eben einen gehörigen Unterschied, ob eine Buchhaltung stets wiederkehrende Aufgaben erledigt. Oder ein Entwicklungsteam co-kreative und innovative Ideen hervorbringen will.
Was genau wird im Teamkodex festgelegt?
Während wir zusammensitzen, entsteht ein gemeinsames Verantwortungsgefühl
Die Teilnehmenden knobelten gerade an einigen ganz wichtigen Fragen:
- Welche Kommuniklation findet auf welche Kanälen statt?
- Welche Antwortzeiten und Erreichbarkeitsfenster brauchen wir?
- Wie oft sollten wir uns im Büro treffen, um uns zu vernetzen und Wissen untereinander weiterzugeben?
Da passiert es mal wieder. Und dennoch unverhofft in dem Moment:
"Wir sollten ja mal auch nicht vergessen, wozu wir das Ganze hier überhaupt tun. Es geht doch nicht nur um uns, sondern vor allem um unsere Kunden! Die ganze schöne Arbeit nutzt ja nichts, wenn hinterher der Kunde nicht zufrieden ist!" spricht eine Teilnehmerin nachdenklich in die Runde.
Volltreffer!
Betretene Stille. Dann nickende Köpfe: "Ja klar, sag ich doch schon die ganze Zeit...!"
Plötzlich kann sich das Team auch in kritischen Fragen einigen, z.B. Kalenderfreigabe.
Wenn Teams sich gemeinsam darauf einigen, wie gearbeitet wird, dann halten sich alle daran
Das Geheimnis meiner Teamkodex-Tagesworkshops liegt daran, dass wir tatsächlich auf einen gemeinsamen Nenner kommen. Weil sich alle gehört fühlen und sich aktiv beteiligen (können und sollen!)
Damit erreicht das Unternehmen ein maximales "Buy-In".
Oder, wie es ein Teilnehmer sagte: „Was ich selbst mitentscheide, damit identifiziere ich mich auch“
Das bedeutet, dass die Mitarbeitenden nicht nur die gemeinsamen Vereinbarungen einhalten. Sondern sich (sehr freundlich) darum kümmern, dass es auch die anderen Teammitglieder dauerhaft tun.
Was passiert, wenn "Neue" ins Team kommen?
Das ist ein wunderbarer Anlass, den Teamkodex mal wieder herauszuholen und darüber zu sprechen:
- Was hat bis hierhin gut funktioniert, was nicht?
- Was haben wir in der Zwischenzeit gelernt?
- Was wollen wir jetzt anpassen?
Ein Team-Kodex ist ein lebendes Dokument - und sollte auch so behandelt werden.
Nichts ist in Stein gemeißelt: Und was nicht hilft, fliegt raus.
Sowieso gilt: Weniger ist mehr! Es sollte also nur das verschriftlicht werden, was unbedingt notwendig ist.
Es geht nicht darum, seitenlange Texte zu verfassen.
Im Gegenteil: Im Idealfall stehen nur fünf bis sieben Punkte auf der Liste.
Fazit:
Wenn sich Teams in einem moderierten Prozess gemeinsam Regeln geben
- werden Vereinbarungen getroffen, an die sich hinterher alle halten
- steigt das Gefühl, gemeinsam verantwortlich zu sein
- wächst die Kompromissbereitschaft im Team
Somit entlasten gemeinsam getroffene Vereinbarungen auch die jeweilige Führungskraft.
Chefs müssen jetzt nicht mehr jedem Einzelnen hinterher rennen, um Leistung zu bekommen.
Das Team regelt das von ganz alleine!
So machen Sie hybride Arbeit.
Richtig.
Gut.